Ausnahmslos jede Entscheidung, die ein Mensch in seinem Leben trifft, ist das Resultat einer endlosen und nicht reproduzierbaren Folge von neurologischen Vorgängen. Die Ursachen sind in den Genen zu finden, der Erziehung, Bildung, dem sozialen Umfeld, der Gesellschaft und nicht zuletzt in einzelnen Schlüsselerlebnissen, die jeder Mensch anders aufnehmen würde.
Durch all diese Einflüsse wird bestimmt wie ein Gehirn funktioniert und wie jeder einzelne Mensch denkt, handelt und auf seine Umwelt reagiert. Dies ist auch bei Amokläufern der Fall. Während einige wenige Vorraussetzungen für die Bereitschaft zu einem Amoklauf sicherlich angeboren sind und sich durch Auffälligkeiten in der Konzentration einzelner Hormone, Neurotransmitter, oder der Aktivität einzelner Hirnareale äußern könnten, liegen viele Gründe in den Lebenserfahrungen die ein Amokläufer gesammelt hat.
Die Grundlegenen Charakterzüge eines Menschen und viele Urinstinkte sind auf Vorgänge in den primitivsten Bereichen des Gehirns lokalisiert und können praktisch nicht beeinflusst werden. Gleichzeitig lassen sich Beobachtungen bei weniger komplex denkenden Tieren sehr gut auf diese Hirnbereiche zurück führen und Tierverhaltensversuche auf den Menschen übertragen. So konnte gezeigt werden, dass Fische, die in einem Schwarm von stärkeren Individuen drangsaliert werden, ihren Stress und Frust wiederum an schwächeren Tieren auslassen und dadurch zur Ruhe kommen. Bei unseren nächsten Verwandten, Schimpansen und Bonobos zeigt sich ebenfalls, dass Stress durch Gewalt, Geschlechtsverkehr - dabei spielt die Einvernehmlichkeit gar keine Rolle - oder sonstige soziale Interaktion mit körperlicher Nähe abgebaut wird.
Da Aggression zu den Urinstinkten des Menschen gehört, sind solche Beobachtungen auch auf die Psychologie von Amokläufern übertragbar. Ein Beispiel hierfür ist Tim Kretschmer, der Amokläufer von Winnenden. Der erfolgreiche Schulabschluss einer Realschule zeigt, dass kein übermäßiges bildungstechnisches Defizit bestand. Vielmehr sind die Ursachen für den Amoklauf im Elternhaus und im schulischen Umfeld zu suchen - und zu finden! Tim Kretschmers Vater forderte fortwährend Leistungen von seinem Sohn in Bezug auf Schule, das Hobby Tischtennis und vor allem mentale Stärke. Gleichzeitig wurde jedoch verkannt, dass Tim Kretschmer diesem Leistungsdruck nicht gewachsen war und es ist anzunehmen, dass daraus eine enorme stressbedingte Belastung entstand, die der spätere Amokläufer nicht alleine bewältigen konnte. In seinem schulischen Umfeld wurden die Probleme weiter verstärkt, indem Tim Kretschmer Mobbingopfer war, wobei hier vor allem weibliche Schüler und Lehrkräfte eine zentrale Rolle gespielt haben sollen, die später auch den Großteil der Todesopfer ausmachten. Eine Freundin hat Tim Kretschmer nie gehabt.
Diese Kombination aus stetigem Druck im Elternhaus, sowie Mobbing durch Schülerinnen und eventuell Lehrerinnen, sowie eine starke soziale Isolation hat wahrscheinlich maßgeblich dazu beigetragen, dass es zu diesem Amoklauf hat kommen können. Tim Kretschmer stand offenbar unter großem Stress und psychischen Druck, den er alleine nicht bewältigen konnte und nach Abbruch der psychologischen Betreuung die er selbst gewünscht hat, durch seine Eltern, hatte er keine unmittelbare Möglichkeit in einer sozialverträglichen Weise diesen Druck abzuschütteln. Dieser aufgestaute Druck, Frust und Stress entlud sich schließlich in dem Amoklauf von Winnenden, bei denen Tim Kretschmer 15 Personen tötet, davon 11 weibliche Schüler und Lehrkräfte, bevor er sich nach 3,5 Stunden und einer zurückgelegten Strecke von rund 100 km selbst erschießt.